14.01.2023, 15.30h Ramelsloh. Bei 6 °C peitscht starker Wind den Regen über die 6.500m² große Eventfläche. Die AG Event der Bürgerinitiative Y-Monster ist trotzdem voll in Action. Ein Dreiachshänger wird zur Bühne. An extra aufgestellten Fahnenmasten stehen die Flaggen im Wind: Bürgerbetrug nicht mit Seevetal, Ramelsloh, Harmstorf ist zu lesen. Die Initiative hat in den umliegenden Ortschaften mehr als 5.000 Einladungen verteilt. „Hermann Löns, die Trasse brennt“ ist eine koordinierte Gemeinschaftsaktion von vielen Bürgerinitiativen entlang der geplanten Neubaustrecke Hamburg-Hannover. Sie wollen den Verlauf durch Natur und Wohnorte eindrucksvoll inszenieren und zeigen, dass die sogenannte A7-Variante mitnichten an der A7 entlang verläuft. Vielmehr schließen A7 und die Neubauplanungen vielerorts Wohn- und Lebensräume inselartig ein.
Es regnet, es ist kalt und der Wind fegt übers Land. Bierwagen, Würstchenstand, Infozelt und Bühne sind bereit für Mitstreiter und Gäste. Ein Kran markiert auf 17m Höhe eindrucksvoll die Höhe des geplanten Gleisbetts in Ramelsloh. Einzig fehlt beim Beobachter der Glaube, dass bei so einem Sauwetter überhaupt jemand kommt. Als Gastredner sind prominente Unterstützer geladen. Die ehemalige Gemeindebürgermeisterin Martina Oertzen wird moderieren. Dr. Bernd Althusmann, Jan Bauer, Dr. Alexander Stark, Dr. Peter Dörsam, der lokale Orts-Bürgermeister Dr. Norbert Wilezich wollen kommen und auch die Bürgermeisterin der Nachbargemeinde Jesteburg, Claudia von Ascheraden, hat sich angekündigt. Und dann passiert das Unglaubliche: Die beschauliche Allee zwischen Marxen und Ramelsloh füllt sich zusehends mit PKWs. Einweiser haben alle Hände voll zu tun, sie in den Brackeler Gund auf ihre Parkplätze zu verteilen.
Wer früh kommt, hat Glück. Später werden Gäste 600m laufen müssen, so voll ist der Parkraum. Um 16 Uhr ist die Fläche bereits gut besucht, aber der Strom an Zulauf reist nicht ab. Auf der Bühne beginnen die Beiträge, die Menschen stehen im nicht enden wollenden Platzregen zwischen Feuerschalen und Feuertonnen. Das Tageslicht zieht sich langsam zurück als vom Horizont kommend die mit Kreuzen abgesteckte Bahntrasse zu leuchten beginnt. Mitglieder der Initiative entzünden Fackeln auf der 2.300m langen Strecke. Dort wo sie in den Wald führt, übernehmen die geparkten PKWs mit ihren Warnblinkanlagen die Choreografie. Ein ebenso beeindruckendes wie besorgniserregendes Bild. Als nach einer Stunde die Informationen von der Bühne beendet werden und die Trasse leuchtet, werden Fackeln ausgegeben. Binnen Minuten „brennt“ die ganze Eventfläche. Es wird sogar irgendwie wärmer.
Die Menschen stehen mit ihren Fackeln um die Feuer, belohnen ihre Leidensfähigkeit mit einer Wurst, einem Glühwein, einem Bier oder anderen Getränken. Die ersten gehen, aber es kommen auch noch neue Menschen. Ob aus Neugier beim Vorbeifahren oder tatsächlich verspätet, die Lücken im Park-Korso können jedenfalls immer wieder geschlossen werden. In Sichtweite steht das Zelt einer weiteren örtlichen Veranstaltung und auch von dort gibt es Stippvisiten.
Als die BI Y-Monster in kleiner Runde gegen 20Uhr das Feierabendbier entkorkt, können sie es selbst nicht glauben. 430 Glühwein und 450 Flaschen Bier etc. sind getrunken. 390 Würstchen sind gebraten. 1100 Fackeln sind abgebrannt. Die Spendendosen sind voll. Die Veranstaltung war mit 500 Menschen angemeldet, etwa 900 kamen im Regen.
„Nicht auszudenken, was hier los gewesen wäre, wenn das Wetter mitgespielt hätte.“ spricht einer der Aktiven aus, was alle denken. Drei übermütig geparkte PKWs müssen noch aus dem schlammigen Seitenstreifen gezogen werden, kein Problem – man ist ja auf dem Land und da gibt’s Trecker. Es ist der 14.01.2023, 20Uhr, Ramelsloh. Immer noch peitscht starker Wind den Regen über die 6.500qm große Eventfläche.
Aber jetzt, 4 Stunden später, ist klar: die Menschen hier lassen sich nicht bremsen! Sie sind stocksauer über die Planungen der Bahn. Und sie werden protestieren. Bei jedem Wetter. Sie sind jetzt zurück zuhause im Warmen und sie werden die nächste Zeit jedem erzählen, dass man sich hier durch nichts aufhalten lässt. Warum? Weil sie es selbst erlebt haben!
Ein besonderer Dank gilt vor allem unseren Unterstützern und den Sponsoren dieses Monster-Events:
Getränkewagen: Philip Geyer, Ramelsloh
Getränkeunterstützung: Lieblingsplatz, Helmstorf
Wurstwagen & Wurst: Jens Benecke, Stelle & Seevefleisch
Steiger: Arbeitsbühnen Buchtmann, Hamburg
Eventfläche: Reinhard Menke, Ramelsloh
Bühnenwagen: Behr AG, Ohlendorf
Feuerwehr: Freiwillige Feuerwehr, Ramelsloh
Sound: Robin T., Maschen
Filmaufnahmen: Marlene Winter